Das HTG-Rebreather-Testteam
vermeldet die erfolgreiche Restaurierung eines Dräger Kleintauchgerätes 138!
Die Aufgabe war gar nicht so einfach, aber der Testtauchgang am 11.11.2018
wurde 11:11 Uhr erfolgreich abgeschlossen. Das Gerät ist wieder einsatzklar und
kann zum 100. Geburtstag von Hans Hass für die Vorführungen auf der Boot in Düsseldorf verwendet werden.
Wir sind einigermaßen Stolz drauf.
Restaurierungsbericht
Dräger Kleintauchgerät 138
Es begann mit folgender Mail von Helmut K. an mich:
„….Auf meinem Basteltisch liegt ein Dräger Kleintauchgerät 138. Ziemlich
alt, aber reparierbar. Technisch fehlt nichts. (Fast) alles Original, unverbastelt. O2 Flasche von 1948.
- Atembeutel muss abgedichtet werden. Würde ich in diesem Fall mit Silikon
machen (brauche ich Deinen Rat….. nach den Misserfolgen mit meinem Latex)
- Druckminderer macht einen guten Eindruck. War kein Schrauber
dran.
- Atemschläuche (Original ?) sehr gut erhalten.
- Mundstückhahn sitz fest
- Mundstück (rot), müsste ersetzt werden
- Atemventile (Glimmer) noch nicht kontrolliert, hört sich beim pusten aber gut
an
- Niederdruckschlauch (blau) bis zum Atembeutel müsste ersetzt werden.
- O2 Flasche mit Ventil noch ok?, aufschrauben, nachsehen,
Test.
- Bänderung ist unbeschädigt und brauchbar
- Kalkbehälter unversehrt
- Kalkbehälterdeckel lässt sich einwandfrei schließen (Dichtung müsste neu)….“
Einige Tage später sahen wir uns das Gerät gemeinsam an und beschlossen, auch
im Hinblick auf die geplante Verwendung als Demonstrationsgerät zum 100.
Geburtstag von Hans Hass, die Restaurierung zu versuchen. Wir schätzen das
Baujahr dieses Gerätes von 1952 bis 1956.
Ausgangszustand
Ganz so simpel wie anfangs gedacht stellte es sich die Restauration nach
genauerer Untersuchung im Detail dann doch nicht dar. Grundvoraussetzung war
auf jeden Fall die Komplettdemontage des gesamten Gerätes in alle Einzelteile,
natürlich mit dem Ziel möglichst wenig weitere Defekte zu erzeugen.
Nachfolgend beschreiben wir die Hauptarbeitsschritte in der Reihenfolge der
realen Bearbeitung. Man beachte hierbei das die
Restaurierung nur mit den uns zur allgemein Verfügung stehenden Werkzeugen und
Materialien, unter Beachtung des Zeitrahmens, erfolgen sollte.
1. Druckminderer
Der Regler wurde komplett demontiert, mit dem Ultraschallbad gereinigt und
wieder zusammengebaut. Dabei erfolgte die Einstellung des Konstantflow
auf 0,9 l/min und die Justierung des Hubs des Zusatzventils. Ebenso wurde der
Flow des Zusatzventils mit 6 l/min gemessen und die Dichtung der Gehäusekappe ersetzt.
restauriert
und getestet
regler.jpg
(67.58 KiB) 678-mal betrachtet
2. Sauerstoffflasche
Das Handrad und die Oberspindel des Flaschenventils wurde entfernt, mittels
Ultraschallbad gereinigt und danach wieder zusammengebaut. Für den roten
Gummiring des Handrades war kein Ersatz zu beschaffen. Deshalb reinigten wir
den Ring rotierend auf der Drehbank mit Edelstahl-Politur (Viss).
Dadurch wurde die Oberfläche wieder schön sauber und rot. Der leicht
durchrutschende Ring wurde auf dem Handrad mittels Sekundenkleber fixiert. Beim
Testtauchgang stellte sich noch leichtes ausperlen von Sauerstoff an der
Spindel heraus, hier wurde die Dichtung erneuert.
restauriertes
Ventil
ventil.jpg
(60.65 KiB) 678-mal betrachtet
Die 0,6 Liter Flasche selbst blieb einschließlich der Originallackierung
unberührt. Die erste Prüfung war 1948 und müsste ggf. wiederholt werden.
Baujahr
3. Atembeutel und Weste
Der Zustand der Weste war relativ desolat, die Farbe stark verblichen, die
Nähte nicht mehr vertrauenserweckend, die Flaschenhalterung eingerissen und die
komplette einseitige innere Gummierung verhärtet und zum Teil abgebröckelt. Die
Weste wurde aus diesem Grunde in den Atembeutel auf links gewendet, so dass man
die noch vorhandenen Teile der Gummierung bearbeiten konnte. Sichtbar wurde nun
auch das gesamte Ausmaß der Schäden. Trotzdem beschlossen wir die Originalweste
beizubehalten.
zerstörte
Gummierung
Die gesamte Gummierung und die ehemaligen Nahtklebebänder wurden vorsichtig
manuell mittel Hornspatel (Fingernagel) mechanisch Schritt für Schritt
entfernt. Das verbleibende Gewebe, Bauwollgewebe in Köperbindung, war dünn aber
noch relativ stabil. Einige kleine Löcher am Rücken waren aber doch vorhanden.
Diese wurden mittels Segeltuchflicken genäht.
entschichter Atembeutel
Da die Nähte nicht mehr vertrauenserweckend aussahen wurden die Nähte des
Atembeutels komplett mit stabilem Garn neu nachgenäht. Als Material zur
Beschichtung wählten wir neutral vernetzendes Sanitärsilikon aus der Kartusche
in der Farbe braun, analog der Originalbeschichtung. Diese Material hatte sich
schon bei vorangegangenen DIY Projekten wie die Gummierung einer Replik der „Medi Nixe“ bewährt. Durchschlagen des Silikons auf die
Außenseite war so nicht zu befürchten.
Um die Beschichtung auftragen zu können musste der Atembeutel von innen
abgestützt und gespannt werden. Wir wählten dazu auf Form geschnittene
Schaumgummiteile. Damit die Beschichtung in einem Schritt erfolgen konnte
musste zusätzlich eine Holzhalterung gebaut werden, die eine Fixierung des
Beutels in verschiedenen Lagen gestattete ohne bereits beschichtete Flächen zu
berühren.
Die Beschichtung selbst erfolgte mit dem unverdünnten Silikon abschnittsweise
mit Hilfe eines kleinen Spachtels, Fingern und Geduld und „Spucke“. Die Stelle
von „Spucke“ kam allerdings Wasser mit Spülmittel (Fit) zum Einsatz, denn damit
wurde das Ganze abschließend geglättet. Auch die Aufdoppelungen
aus Baumwollsegeltuch zum Schutz des Kalkbehälters und Atembeutels wurde mit
Silikon aufgeklebt. Sie wurden etwas größer als die Originale gewählt um die
Gewichtskraft des Kalkbehälters besser zu verteilen.
beschichteter
Beutel mit Halterung
beschichtet
mit Halterung.jpg (78.05 KiB) 678-mal betrachtet
Wie sich später bei der Dichtprobe zeigte mussten die Nähte des Beutels
nochmals von innen nachbeschichtet werden.
Einige Stressstellen der Weste und der Flaschenaufnahme mussten teilweise neu
verklebt und ebenfalls nachgenäht werden.
4. Mundstück
Das Mundstück wurde mit Ultraschall gereinigt. Jetzt stellte sich heraus das der Verschlusskonus (Küken) des Mundstücks festoxydiert
war. Beim Lösungsversuch über die Hebelwirkung des Verschlusshebels brach
dieser infolge einer Vorschädigung leider ab.
abgebrochener
hebel
Nachdem zwei passende Metallhülsen hergestellt waren konnte dieser aber im
Schraubstock ausgepresst werden. Damit ließ sich das gesamte Mundstück
demontieren. Die konischen Dichtflächen wurden mittels Edelstahl Scheuermittels
„nachgeläppt“.
Der abgebrochene Verschlusshebel wurde, um die Nickelschicht nicht zu
beschädigen, weich angelötet. Dabei stellte sich heraus dass dieser bereits
früher schon einmal eingelötet worden sein muss. In diesem Zuge konnte auch die
Fehlstellung des Konus korrigiert werden den dieser gab den Atemgasweg trotz
Stellung „Offen“ nicht vollständig frei. Der Einbau des Konus in das Mundstück
erfolgte mit Sikonfett.
Das verhärtete rote Gummimundstück wurde durch eines (Apeks)
aus aktueller Produktion ersetzt. Hier wäre aber ein Original Dräger Mundstück
mit größeren umlaufenden Dichtrand besser.
montiertes
Mundstück
5. Atemschläuche und Richtungsventile
Die vorhandenen Schläuche waren stoffbezogenen Schläuche von UDSSR-Gasmasken.
Um dem Gerät ein authentisches Aussehen zu geben suchten wir nach passenden
Gummischläuchen. In der Originalfarbe Grün waren keine aufzutreiben.
Wir entschieden uns deswegen für dunkelolivgrüne NVA Gasmaskenschläuche. Diese
wurden gewaschen, ausgekocht und ebenfalls auf der Drehbank, aufgesteckt auf
ein rotierendes Rohr, mit Edelstahlschleifmittel gereinigt. Da der
Innendurchmesser etwas zu groß war musste der Durchmesser der Rohrstutzen durch
Gummiband, ich nutzte Felgenband, vergrößert werden. Danach wurden die
Schläuche mittels Perlonschnur (Angelschnur) und
einem Takeling straff und gasdicht
eingebunden.
Schlauchgarnitur
Die Gehäuse der Richtungsventile mit den federbelasteten Glimmerscheiben lassen
sich nicht zerstörungsfrei öffnen. Da Glimmer ein sehr dauerhaftes Material ist
wurden sie nur auf Funktion geprüft, gereinigt und original weiterverwendet.
Richtungsventile
6. Überdruckventil
Das Überdruckventil wurde demontiert und mittels Ultraschll
gereinigt und wieder zusammengebaut. Es dichtet im Original „nur“ Metall auf
Metall. Eine potentielle Stelle für Undichtigkeiten?
Um die Dichtheit zu verbessern klebten wir auf den Ventilteller eine Gummi
Dichtungsscheibe.
demontiertes
Überduckventil
7. Kalkbehälter, Spannklammer, Deckel und Einbaurahmen
Der Kalkbehälter wird in den Atembeutel in einen Messingrahmen eingesetzt.
Dieser ist mit einem Spannband eingedichtet und
befestigt. Beim Lösen brachen dort die kleinen umgebogene Enden ab. Diese
mussten also ersetzt werden. Dazu wurden am Spannband kleine Messingstreifen
hart angelötet.
Nach Ausbau des Einbaurahmens stellte sich heraus das
dieser durch die Krafteinwirkung der Spannklammer verzogen und nicht mehr plan war. Er wurde vorsichtig in Schraubstock gerichtet.
Der Einatemstutzen und die daran befestigte
Sauerstoffzuführung mit Gummi dem Richtungsventil war in gutem Zustand und
blieb erhalten.
Auch der umgebördelte Dichtrand des Kalkbehälters war
verzogen, auch hier erfolgte ein vorsichtiges Richten auf der Tuschierplatte mit einem Hartholzklotz und Hammer.
Ebenso musste die Spannklammer auf den gerichteten Rahmen angepasst werden.
Diese erfolgte durch millimeterweises vorsichtiges Aufbiegen im Schraubstock.
Der Deckel war komplett in Ordnung und wurde nur gereinigt.
demontierter
Kalkbehälter
Für den Rahmen und den Deckel wurde aus 4mm Gummi jeweils eine neue Dichtung
geschnitten.
8. Sauerstoffschlauch
Der alte Schlauch war knochenhart verhärtet, konnte aber leicht durch neuen
blauen Sauerstoffschlauch aus aktueller Produktion ersetzt werden. Dieser wurde
an die vorhandenen Anschlussstutzen mittels Perlonschnur
und einem Takeling straff und gasdicht
eingebunden.
abgebundener
Sauerstoffschlauch
9. Zusammenbau
Das demontierte Gerät in allen Einzelteilen.
alle
Einzelteile
Nachdem alle Teile Einzel getestet wurden erfolgte der Zusammenbau. Zuerst
musste der Einbaurahmen des Kalkbehälters wieder in dem Atembeutel eingesetzt
werden. Dies erfolgte unter Zugabe von Silikondichtmittel mit Hilfe des
Spannbandes. Danach wurde der Einatemstutzen mit neu
geschnittenen Gummidichtungen eingeschraubt. Für die innere Ringmutter musste
ein Stiftschlüssel improvisiert werden.
Stiftschlüssel
für Ringmutter
Dabei zeigte sich beim Festziehen der Ringmuttern dass die Gummidichtungen aus
den Unterlegscheiben seitlich heraus gepresst wurden. Aus diesem Grund wurden
nochmals neue Dichtscheiben aus formstabilen
gewebeverstärkten Gummi hergestellt. Das Gleiche war beim Einbau des
Überdruckventils nötig.
Der Einbau der restlichen Teile war mit Standardwerkzeug oder per Hand
problemlos möglich, überall wurden aber neue Gummidichtungen eingebaut.
Der anschließende Dichtigkeitstest erfolgte in der Badewanne. Um einigermaßen
Druck ausüben zu können wurde das Überdruckventil mit Hilfe einer Gummischeibe
und Distanzstück komplett dichtgesetzt. Schon bei diesem ersten Test war das
Gerät relativ dicht. Einige Gasblasen traten aber aus den Nahtstellen des
Beutels und an den Dichtungen des Deckels aus.
Badewannentest
Hier musste also Nacharbeit erfolgen. Die Nähte des Beutels wurden nochmals von
innen mit Silikon Im „Fingeraufstreichverfahren“
versiegelt. Da kein dickerer weicher Gummi zur Verfügung stand wurden die
Deckeldichtungen mehrfach mit 1mm EPDM Gummi (Teichfolie) aufgedoppelt
und verklebt. Ideal wären also Dichtungen aus 5mm sehr weichem Gummi. Weiche
dicke Dichtungen gleichen noch vorhandene Unebenheiten besser aus und dichten
dadurch besser ab.
Nach einer weiteren Badewannen Dichtprobe sowie Trockentest mittels aufgelegten
Gewichten erschien das uns das Gerät zum Tauchen geeignet.
10. Testtauchgang
Der Testtauchgang am 11.11.2018 bewies die Funktionstüchtigkeit des Gerätes.
Wir denken das das Dräger Kleintauchgerät 138 nun
wieder öfters zu besonderen Anlässen unter leichten Bedingungen zum Einsatz
kommen kann.
erfolgreicher
Testtauchgang
Für härtere Einsätze unter Bedingungen innerhalb des vorgesehenen
Einsatzbereiches von Sauerstoff Kreislaufgeräten wäre es u.U. sinnvoll eine
komplett neue Weste zu herzustellen. Leider steht nach unseren Recherchen
aktuell kein historisch vergleichbares industriell hergestelltes einseitig
gummiertes Baumwollgewebe zur Verfügung. Dazu laufen aktuelle Experimente mit
einem selbst hergestellten Gummi-Baumwoll Laminat
Gewebe.
Wir freuen uns einen Betrag zur Ehrung von Hans Hass auf der „Boot“ in
Düsseldorf anlässlich seines 100. Geburtstages am 23.01.2018 geleistet zu
haben.
Michael Müller